Konzertbericht

Negative - Finnen im Doppelpack

Negative

Day Eleven

Finnen im Doppelpack

Columbia Club, Berlin
23.09.2007

Berlin empfing mich bei strahlendem Wetter, und so war die Zeit bis zum Beginn des Konzertes im Columbia Club mit Interviews und dem gemeinsamen Abhängen mit Freunden gut auszuhalten. Nachmittags schien es noch so, als ob es nicht so voll werden würde, doch zum Einlass hin füllte sich der Platz vor der Venue, und die Finnen von Negative und Day Eleven durften sich auf eine fast ausverkaufte Halle freuen.

Nachdem ich dann endlich drin war und mir die äußerst merkwürdige Regelung für uns Pressefuzzis hab erklären lassen (ich möchte hier nicht weiter drauf eingehen, aber nur soviel: wir Fotografen mussten während des Konzertes aus der Venue hinaus – und von außen rum wieder hineingehen; verstehe den Sinn dahinter wer will, ich jedenfalls nicht, denn man hat dadurch das eine oder andere Lied des Konzertes verpaßt), legten die fünf Mannen von Day Eleven auch schon mit ihrem Auftritt los.

Als Opener spielten sie „Blood Runs Thick“ und hatten das Publikum, welches sie im Laufe der Tour sowieso recht schnell für sich gewinnen konnten, gleich auf ihrer Seite. Dies kam sicherlich auch daher, dass einige der Konzertbesucher die komplette Tour mitgemacht haben und mittlerweile die Stücke von Day Eleven kannten, um mit ihnen abfeiern zu können. Energiegeladen ging es mit „Message“ weiter. Ein Mädel, das neben mir begeistert am Singen und Klatschen war, so dass ich sie einfach fragen musste, ob sie die Band schon länger kennen würde, antwortete mir: „Nein, erst seit Anfang der Tour, aber die sind so verdammt gut!“, war der beste Beweis dafür, dass die fünf, obwohl so gut wie unbekannt bei uns, das Publikum für sich einnehmen konnten. Ich habe sie bereits im März bei ihrem Releasegig in Tampere das erste Mal live sehen können, und kann dem, was die junge Frau mir da sagte, nur zustimmen.

Bei „If Nothing Comes Of You“ gab es für die Fans eine kleine Verschnaufspause, da das Stück etwas ruhiger ist als die ersten beiden. Dem folgte „Untitled“ und dann holte Sänger Janne seine Akustikgitarre hervor, um die Zuhörer mit dem wunderschönen „The Absolute“ zu erfreuen. Leider gab es während diesem Stück ein paar technische Probleme mit dem Drumset, aber Bassist Kimmo riss seine Scherzchen darüber, dass das alles so geplant sei und wir uns nicht sorgen sollten, während ein Techniker schnell alles wieder in Ordnung brachte. Humor ist, wenn man trotzdem lacht…und den haben die fünf Finnen durchaus (wie Gitarrist Olli einen Abend zuvor in Glauchau bewies und zeitweise im Negligé auf der Bühne herumturnte, sehr zum Amüsement des begeistert johlenden Publikums). Doch auch heute zeigte er wieder, dass er, für einen Finnen, doch ein recht quirliger Mensch ist, indem er auf den Boxen herumturnte.

Weiter ging es mit „Whenever You Say You Love Me“, der ersten Singleauskopplung ihres Albums „Sleepwalkers“ in Finnland. Jetzt klatschten und sangen die Leute wieder enthusiastisch mit. Wahrscheinlich ist dieser Song den meisten bereits bekannt gewesen, besticht allerdings auch durch seine eingängige Melodie, die man ganz schnell mitsummen kann.
Mit „Almost Over Everything“ spielten die Jungs dann ein Stück ihres ersten Albums (erschienen in Finnland 2005 unter demselben Titel). Das Publikum ließ sich bereitwillig dazu auffordern, wild mit zu klatschen und Sänger Janne, der anscheinend durch Boxenturnen, Singen und Anfeuern nun selbst ins Schwitzen geraten war, entledigte sich seines Shirts, was begeisterte Pfiffe der weiblichen Anhänger nach sich zog.
Mit „Dissonance Fading“ kamen die Jungs zum Abschluss ihres Auftritts und ließen sich vom Publikum feiern, bzw. feierten selbiges ebenso, was beiden Seiten sichtlich Spaß zu machen schien Janne bedankte sich beim deutschen Publikum für die großartige Unterstützung während der vergangenen Tage und sagte, dass es für ihn „the fucking best audience ever“ sei.
Ich für meinen Teil hoffe, dass die Jungs bald wieder hier spielen werden; und dann bitte länger als 30 Minuten.

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Nun wurde eine halbe Stunde lang umgebaut und schließlich zeigte das „Zirkusmusik – Intro“ an, dass die sechs von Negative jede Sekunde die Bühne stürmen würden. Begeistert kreischend wurden sie von den Fans begrüßt und legten mit „Misty Morning“ los. Dem folgte „Swans“. Leider bekam ich von dem Bühnengeschehen bei beiden Songs nicht allzu viel mit, da wir zum Fotografieren in zwei Gruppen aufgeteilt wurden und irgendwo am Rande bei äußerst schlechter Sicht auf unseren Einsatz warteten. Der kam dann bei „My My Hey Hey“ und während ich am Fotografieren war, fiel mir auf, dass die Fans in der ersten Reihe tatsächlich immer die gleichen sind (ich hatte mich da noch mit Jonne vorher im Interview drüber unterhalten). So ein klein wenig frage ich mich dann doch, ob es nicht langsam langweilig wird, wenn man fast anderthalb Wochen lang die gleichen Gesichter vorne sieht, aber auf der anderen Seite zeigt es den Jungs auch, dass sie eine treue Fangemeinde haben. „Frozen To Lose It All“ folgte und ich war mehr als überrascht, dass die Negative – Fans mittlerweile extrem gut geworden sind, was das „Song einsingen“ angeht. Sehr zur Freude der Herren auf der Bühne, die dieses sicherlich auch realisiert haben dürften. Ich kann mich nämlich daran erinnern, dass das auf früheren Gigs mehr als einmal in die Hose gegangen ist.

Irgendwann während „Glory Of The Shame“ hatte ich die Halle dann wieder betreten und von hinten fiel es noch mehr auf, wie sehr die Fans ihre Finnen unterstützten. Es wimmelte nur so von Armen und Händen, die vor mir im Takt am Klatschen und Winken waren. Jonne bedankte sich zwischendurch artig bei allen, dass die Tour großartig für sie gewesen wäre. „L.A.Feeding Fire“ pushte die Stimmung noch einmal, bevor es dann bei „Neverending Parade“ zur Kuschelatmosphäre kam, die die Fans feuerzeug- und wunderkerzenschwenkend unterstützten. Sir Christus verträumt auf der Box sitzend, seine Gitarre spielend und Jonne ins Mikro hauchend – faszinierend, wie die Stimmung innerhalb von Sekunden wechseln kann.

„One Last Shot“ gehört für mich persönlich immer zu einem der Highlights von Negative, weil ich den Song vom musikalischen Aufbau her einfach liebe. Und auch diesmal hatten die Finnen eine nette Einlage für ihre Fans bereit. Beim „Herzschlag“ (Ein Break in dem Song, bevor das Finale kommt), animierte Jonne das Publikum, von Jay an den Drums unterstützt, dazu, im Takt angelehnt an Queens „We Will Rock You“, „We Will Fuck You“ zu rufen. Dies schien allen Spaß zu machen (wenn es auch nicht ganz so gut funktionierte wie in Glauchau den Abend vorher) und der Applaus inklusive ohrenbetäubendes Gekreische und Gepfeife (es war das erste Mal, dass mir bei einem NGT – Gig im wahrsten Sinne des Wortes die Ohren wehtaten) quittierte den Jungs, dass es ihnen einmal mehr gelungen war, ihr Publikum bestens zu unterhalten.

Auf „Planet Of The Sun“ folgte „The Moment Of Our Love“, der Titel, bei den es den meisten Fans warm ums Herz geworden sein dürfte, denn so fing vor über zweieinhalb Jahren die „Negative – Zeit“ in Deutschland an. Sehr erwähnenswert finde ich, dass während dieser Tour zum ersten Mal ein überraschend hoher Anteil an Männern (und das zum Teil auch in Negative - Fanshirts) auf den Konzerten zu sehen war. Auch der Altersdurchschnitt war bei weitem nicht so niedrig wie sonst Es scheint, dass die sechs Finnen so langsam ihr Image als „Teenieband“ (die sie meiner Meinung nach nie gewesen sind, auch wenn sie selbst noch recht jung sind) abstreifen können und auch von „Älteren“ und dem männlichen Geschlecht entdeckt werden.

„Fading Yourself“ begeisterte mit neuen Keyboardeinsätzen von Snack. Überhaupt haben die Jungs einiges in ihren Songs instrumental geändert, was sich als eine gute Idee erwies. Denn da sie nicht mit neuem Material aufwarten konnten, mussten sie sich was einfallen lassen, um dem Publikum neue Hörerlebnisse und Abwechslung zu bescheren. Dies ist ihnen ganz gut gelungen.
Und dann folgte für mich eines der Highlights des Abends. Sir Christus mit seinem Solo – Intro zu „Until You´re Mine“. Ich liebe klassische Musik und Albinonis Adagio; und ich muss ehrlich gestehen, bei der Version von Sir Christus auf der E – Gitarre ist es mir eiskalt den Rücken hinuntergelaufen vor Wonne. Das war Gänsehaut pur und wunderschön. Auch das Publikum stand andächtig da und lauschte, während Larry sich zurücknahm, hinsetzte und Christus die Bühne überließ. Nach dem Solo, machte Jonne Werbung für den Merchstand und legte dann mit dem eigentlichen Song los, tatkräftig von den „Hey! Hey!“ - Schreien der Zuhörerschaft unterstützt und schließlich von Jay mit einem Drumsolo beendet. Antti, der dank seines Outfits an diesem Abend glatt als einer von den Village People durchgegangen wäre und neckische Sprüche auf seinem Gürtel blinken hatte, bedankte sich sogar auf Deutsch für den nun folgenden tosenden Applaus beim Publikum und die sechs verschwanden von der Bühne.

Nach mehreren Minuten lauten Rufens, Klatschens, Pfeifens kamen die Jungs, zum Teil umgezogen, zurück auf die Bühne und starteten ihre Zugabe. Den Anfang machte dabei „In Memoriam“ und die Mädels waren schier am Ausrasten, als Larry und Christus ihre Oberkörper entblößten. Bei „Naive“ schossen alle Hände wieder in die Höhe und Jonne forderte, noch einmal so richtig mitzumachen und abzurocken. Antti schmiss endlich seinen Hut weg, Larry wartete mit einem Solo auf und Jonne turnte auf der Box herum, das Publikum weiter einheizend. Die Halle war am Kochen! Vor dem letzten Refrain sprach Jonne dem Berliner Publikum noch einmal ein großes Dankeschön aus und mit „In My Heaven“ ,dem nun letzten Stück des Abends gaben die sechs da oben auf der Bühne noch einmal alles und wirbelten herum, bevor der Song in einem letzten Akkord verklang und sie sich im Outro zu den Klängen von Lita Fords und Ozzy Osbournes „If I close My Eyes Forever“ frenetisch von den Fans bejubeln ließen. Sie verteilten Rosen und Wasser, versprachen bald wiederzukommen und genossen ihren wohlverdienten Applaus sichtlich. Antti gab alles ans Publikum ab, was ihm in die Finger kam ( Setlist, Handtuch, das er sich vorher mehrmals grinsend durch den Schritt zog). Zum Schluss ging Larry noch einmal auf die Bühne, schmiss sich in Pose und kippte eine Flasche Bier auf ex, bevor er endgültig Backstage verschwand.

Fazit dieses Abends: Es gab zwei tolle finnische Bands zu sehen, die ihr Publikum mehr als gut unterhalten haben und bei dem, was sie da taten sichtlich ihren Spaß hatten. Freuen wir uns also darauf, dass diese beiden Bands hoffentlich recht bald wieder unsere Hallen beehren werden.

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Alexandra Holler03.10.2007

TRACKLIST
Day Eleven:
Blood Runs Thick
Message
If Nothing Comes Of You
Untitled
The Absolute
Whenever You Say You Love Me
Almost Over Everything
Dissonance Fading

Negative:
Misty Morning
Swans
My My Hey Hey
Frozen To Lose It All
Glory Of The Shame
L.A. Feeding Fire
Neverending Parade
One Last Shot
Planet Of The Sun
The Moment Of Our Love
Fading Yourself
Until You´re Mine
Zugaben:
In Memoriam
Naive
In My Heaven

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Leserkommentare

Negative - Finnen im Doppelpack (Konzertbericht)

Geschrieben von Nosferatrice am 03.10.07 um 18:06 Uhr

Ehrlich gesagt habe ich von dem ganzen hysterischen Gekreische in Magdeburg noch heute so eine Art Tinitus........

Eines Tages wird man offiziell zugeben müssen, daß das, was wir Wirklichkeit getauft haben, eine noch größere Illusion ist als die Welt des Traumes. (Salvador Dali)

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