Konzertbericht

Southside Festival - Die Mensch-Maschine

Southside Festival

Die Mensch-Maschine

Neuhausen op Eck
19.06.2009

Wenn nicht dieser Regen wäre, dann wären Open Air Festivals eine schöne Sache. Aber es war nicht nur regnerisch sondern es war auch kalt, was der Stimmung aber keinen Abbruch tat.

Los ging es am Freitag mit Paolo Nutini, dem Schotten mit italienischen Wurzeln, der mit „Candy“ und vor allen Dingen „Jenny, don´t be hasty“ seine, vor allem weiblichen Fans, begeisterte.

Was Lily Allen danach zeigte ist mit dem Wort „überfordert“ nur unzureichend beschrieben. Dünne Stimme, jeder Song in einem Technomantel gezwängt und alles in allem unbrauchbar für die großen Bühnen.

Das kann man von den Fleet Foxes nicht behaupten, wunderschöne mehrstimmige Wechselgesänge mit schönen Texten, bewiesen daß man auch im Jahr 2009 noch klingen darf, wie vor 40 Jahren.

Keane bewiesen trotz Dauerregens, daß man auch ohne Gitarren durchaus niveauvolle Songs schreiben kann und die Band um Tom Chaplin mit Hits wie „Is it any wonder“ oder „Crystal Ball“ sich nicht hinter anderen Bands verstecken muß.

Danach war Feiern angesagt, mit Fettes Brot kam sogar mal die Sonne raus und zu was, zu Recht, ein herrlich entspannter Auftritt mit „Jein“, „Bettina“ und um auf „Nordisch by Nature“ mal eben so „Dance with Somebody“ von Mando Diao und „Ein Schwein namens Männer“ zu singen, da muß man erstmal drauf kommen.

Apropos, Die Ärzte als Headliner des ersten Tages spielten einen routinierten Set ohne Höhepunkte, wird mal wieder Zeit für eine neue CD, Belafarinrod.

Ganz anders dagegen Ben Harper and Relentless 7, mit einer tollen Mischung aus Blues und Rock kämpfte er tapfer gegen die Beschallung der Ärzte von der Nebenbühne an und sorgte für so manche Gänsehaut und das sollte noch gesteigert werden als gegen kurz nach 00:30 Nick Cave and the bad seeds die Bühne betraten und ein Best of Programm ablieferte und sich auch vom kurzfristigen Ausfall der Soundanlage nicht stören ließen.

Der nächste Tag begann mit Sonne und Johnossi, die mit ihrem „Glory Days to come“ wirklich den ersten Höhepunkt des Samstages setzen konnten genau wie die heißestes Band des Jahres „The Gaslight Anthem“ aus New Jersey, die ihrem großen Vorbild Bruce Springsteen fast das Wasser reichen können. Mit Songs wie The 59th Sound und Old white Lincoln haben sie das Zeug zu ganz Großen zu werden.

Dann zeigten The Sounds mit ihrem Mix aus New Wave und Synthie Pop, dass es auch abseits von Mando Diao und The Hives noch innovative Pop Musik aus Schweden geben kann.

Just Jack erinnert musikalisch an Mike Skinner von The Streets und macht Musik zwischen Breakdance, Hip Hop, Electro Funk und House. Das kommt an und als er seinen Hit „Starz in their eyes“ zum Abschluß spielte gab es im voll besetzten Zelt kein Halten mehr.

Was die Editors daraufhin zeigten war beachtlich, mit einer gelungenen Mischung aus alten und neuen Titeln bewiesen die Männer um den charismatischen Tom Smith, daß die Vergleiche zu Coldplay gar nicht weit hergeholt sind und „Smokers outside the hospital bed“ war schon immer eine Hymne.

Böse Zungen behaupten, daß Franz Ferdinand nur einen Song geschrieben haben und jetzt immer nur in anderen Teilen zusammensetzen wie es Dieter Bohlen auch tut. Das ist sicherlich sehr überspitzt formuliert, aber ein kleiner Kern an Wahrheit ist da schon mit drin. Nach einer halben Stunde wußte man nicht ob sie „This fire“ nicht schon gespielt hatten oder ob es nicht doch „Take me out“ war.

Kommen wir nun zu der Band deren kometenhaften Aufstieg im Jahr 2009 überraschend war, den Kings of Leon, die vor allen Dingen in Europa große Erfolge feiern konnten. Sie bemühten sich redlich, aber man konnte den Eindruck bekommen, daß trotz zweier Hits „Sex on fire“ und „Use somebody“ die Position des Headliners noch zu früh kommt.

Der erste Höhepunkt des Sonntags, waren die Ting Tings, die mit ihren Songs „Shut up and let me go“ und vor allen Dingen der großartigen Version von „Thats not my name“ für tolle Stimmung vor der Bühne sorgten.

Im Anschluß dann das große Rätsel des Southside Festivals. Kann eine Frau, die mit Plastikflamingos, großen Gummierdbeeren und einer Band die im besten Beach Boys Stil mit rosafarbenen Jackets und Strohhüten auf dem Kopf auftrat wirklich ein Festival rocken? Antwort: Aber wie, Katy Perry stellte sich als „Rampensau“ erster Güte heraus und begeisterte die Fans mit ihren Hitsingles und einem souveränen „Don´t stop me now“ Cover von Queen. Übrigens bereits der zweite Queen Titel, am Samstag hatten bereits Keane „Under Pressure“ gecovert.

Daraufhin wurde es souliger aber nicht weniger emotional, Duffy spielte alle ihre Hits und wer hätte gedacht, daß Gummistiefel so sexy sein können.

Weniger sexy, dafür um so kraftvoller der Auftritt von Moby, der sich durch einen Greatest Hits Set spielte und zeigte, daß er nicht umsonst in einer Punk Band anfing und daß sich E-Gitarren und Elektro Sound nicht ausschließen.

Die Pixies mal wieder in Deutschland, aber irgendwie waren sie trotz oder wegen ihres Platzes in der Musikgeschichte seltsam blutleer.

Danach zum absoluten Abschluß des Festivals, die Pioniere des Elektrosounds, die Mensch-Maschine Kraftwerk, von den Gründungsmitgliedern ist nur noch Ralf Hütter dabei, aber es ist bei Kraftwerk eh egal, wer die Knöpfe drückt, Kraftwerk sind ein Gesamtkunstwerk, dass auch ohne Charaktäre Bestand haben dürfte. Aber auch bei einer Band, darf man das überhaupt schreiben, wie Kraftwerk, die normalerweise besonders drauf achten, daß es keine Pannen gibt, gab es leider einige technische Probleme mit der Videoleinwand.

Das tat der bewundernden Stimmung aber keinen Abbruch und die Zuschauer waren sich voll und ganz bewußt, daß sie gerade die Erfinder der elektronischen modernen Musik zuhören. Mit einem furiosen „Musik Non Stop“ ging ein Konzert der Extraklasse zu Ende und ich hoffe daß es nicht das letzte Mal war, daß man Kraftwerk live sehen konnte.

Dennis Kresse

Dennis Kresse29.06.2009

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