Interview

Day Eleven - Wie es ist, das erste Mal auf Tour zu sein

Day Eleven

Wie es ist, das erste Mal auf Tour zu sein

Am 23.09. traf ich Janne und Olli von Day Eleven vor dem letzten Konzert ihrer ersten Deutschlandtour , auf der sie Support von Negative waren, im Berliner Columbia Club zum Interview. Day Eleven hatten passend zum Tourstart am 14.09. bei uns ihr erstes Album veröffentlicht. Grund genug, sich mit den fünf Mannen aus Finnland einmal eingehender zu beschäftigen und sie dabei nach ihrer Arbeit und den Eindrücken zu befragen, die sie in den letzten Tagen von Deutschland bekommen haben.
Nachdem wir uns begrüßt und alle einen Platz gesucht hatten; die Aufnahmegeräte unter allgemeinem Gelächter strategisch wichtig (auf der Ledercouch zwischen Olli und Janne) platziert worden waren, konnte es auch schon losgehen…


BR: Zuerst einmal: Wie geht es euch?
Olli: Eigentlich wirklich gut!
Janne: Yeah, sehr gut! Ein klein wenig müde von gestern Nacht. Wir hatten eine kleine Party, und nicht besonders viel Schlaf. Wir mussten von Glauchau nach Berlin fahren und sind dort erst ziemlich spät in der Nacht angekommen. Eigentlich bin ich nicht besonders erfreut, jetzt wieder nach Hause zu müssen.


BR: Wie ihr wisst, ist Day Eleven für unsere Leser noch eine relativ unbekannte Band (Janne nickt) Könntet ihr euch kurz vorstellen? Wer ist in der Band und macht was?
Janne: Nun, da bin ich, Janne (winkt in die Kamera), Sänger. Olli (winkt bei Erwähnung seines Namens ebenfalls in die Kamera) spielt Gitarre und die anderen Jungs sind: Matti, der mit den lockigen Haaren, spielt ebenfalls Gitarre; der aus Italien stammende Luca sitzt am Schlagzeug und Kimmo ist unser Bassist. Wir kommen aus Tampere, Finnland. Ich schätze, wir spielen eine Art alternativen Rock, aber wir versuchen eine Menge verschiedener Einflüsse für unsere Musik zu nutzen. Wir machen eine Menge Krach, aber versuchen diesen mit Melodien zu kombinieren. Das ist die Party!
Olli: Meistens wird über uns gesagt, dass wir eine Grunge / Rock – Band oder sowas in der Art sind.


BR: Ich würde sagen, ihr seid so eine Mischung aus Grunge, Punk, Rock und Pop; alle Elemente sind irgendwie vorhanden (beide nicken zustimmend und bejahen). Seit wann spielt ihr zusammen? Ich weiß, dass es bereits eine recht lange Zeit ist. Erzählt mir etwas über die Bandgeschichte (in diesem Moment piept das erste Handy und wir alle starren ganz gebannt auf den Tisch vor uns und müssen lachen. Dies verwirrt Olli so sehr, dass er nachfragen muss, was die letzte Frage war) Seit wann spielt ihr zusammen, wo habt ihr euch getroffen? Eure Bandgeschichte halt…
Janne: Olli, Kimmo und ich kennen uns bereits seitdem wir (zeigt mit der Hand Kinderhöhe an) so groß waren. Ungefähr 10 oder 12 Jahre alt. Olli (zeigt mit der Flasche, die er in der Hand hält auf Olli) fing eines Tages an, Gitarre zu spielen (selbiger bejaht dieses),er übernahm diese Gepflogenheiten und Kimmo und ich dachten, dass das eine wirklich coole Sache wäre, die man tun könnte. Also als wir so ungefähr 14 Jahre waren, da probierten wir ein paar Instrumente und setzten die Band zusammen. Weißt Du, im Grunde ist es immer noch dieselbe Band seit dem Zeitpunkt, an dem Luca und Matti zu diesem Ritt durch die Jahre dazugekommen sind. Wir spielen unser Originalmaterial seit 1995 oder so in dem Dreh. Es ist eine etwas ernstere Sache für uns geworden, seit wir uns 2003 dazu entschlossen haben, uns die Ärsche aufzureißen und einen Plattenvertrag zu bekommen. Und hier sind wir! Zwei Alben sind in Finnland bereits erschienen( 2005 „Almost Over Everything“ und 2007„Sleepwalkers“) und nun eines in Deutschland („Sleepwalkers“ ist seit dem 14.09.2007 bei uns erhältlich). Es ist eine lange Fahrt bis dahin gewesen, aber…


BR: Ja, ist es, wenn man bedenkt, wie lange ihr bereits zusammen spielt. Aber das ist okay, denn wenn etwas gut werden soll, dann braucht es halt seine Zeit (beide nicken und stimmen mit einem „Yeah!“ zu)
Janne: Wir haben gerade vor ein oder zwei Tagen darüber gesprochen. Wir wären in unseren Teenagerzeit nicht bereit gewesen, so gut zu sein, wie wir es jetzt sind. Daher ist es gut, dass das alles erst jetzt so ist. Wir hatten Zeit, zu lernen, Zeit Fehler zu machen und aus diesen ebenfalls wieder zu lernen.


BR: War Day Eleven der Originalbandname, oder habt ihr den mal geändert?
Janne: Wir haben den Bandnamen 2004 in Day Eleven geändert, als wir unseren Plattenvertrag bekamen. Der Bandname war ein Problem, da wir in die Situation kamen, dass es bereits eine Band in Finnland gab, die einen nahezu ähnlichen Namen wie wir hatte (in diesem Moment schrillt der Feueralarm zum ersten Mal los und wieder gucken wir alle verwirrt durch den Raum). Also mussten wir uns etwas anderes ausdenken um weiterzumachen. (fährt dann schmunzelnd fort) Und wahrscheinlich wird die nächste Frage sein, was der Name Day Eleven bedeutet?


BR: Ja. (alles lacht)
Janne: Da muss ich Dich leider enttäuschen. Wir haben uns dafür noch keine perfekte Lüge einfallen lassen, aber es ist wirklich anstößig dazu gekommen…(alle lachen wieder)


BR: (grinsend) Okay…
Janne: Aber es steht keine bestimmte Bedeutung hinter dem Namen…


BR: Hmh, dann lasst uns zum Album kommen (Lachen). „Sleepwalkers“ ist euer erstes Album hier, aber eigentlich schon euer zweites (murmelnde Zustimmung) und wurde am Tag des Tourstarts veröffentlicht(Nicken). Aber bevor wir über die Tour reden, laßt uns eine Weile beim Album bleiben, was mich zu meiner nächsten Frage bringt. Warum „Sleepwalkers“? Wer hat den Albumtitel ausgesucht und warum?
Olli: Ich glaube, das warst Du (guckt Janne an).
Janne Yeah, wir hatten ungefähr dreizehn Songs für dieses Album, von denen wir elf, die wir für die besten hielten, ausgesucht haben. Einer der Songs hieß „Sleepwalkers“, der es zwar nicht auf das Album geschafft hat, aber vom Text her hat er eine Menge von dem zusammengefasst, um das es auf dem Album geht. Es schien einfach eine gute Idee zu sein. Weißt Du, Das Thema des Albums ist (Dank an Janne, der damit meine nächste Frage gleich vorwegnimmt) der Versuch, aufzuwachen und die Realität zu sehen, statt mit geschlossenen Augen durchs Leben zu gehen. Das ist es, woher der Name „Sleepwalkers“ kommt. Leider hat es der Song nicht auf das Album geschafft. Lass uns sehen, ob er vielleicht mit auf das nächste kommt.
Olli: Ja


BR: Du hast mir jetzt gerade gesagt, worum es auf dem Album geht. Würdest Du sagen, dass es einen Song gibt, den man als die Essenz des Albums betrachten könnte?
Janne: Hmh…(überlegt kurz). Ich würde sagen, dass es wahrscheinlich „Dissonance Fading“ ist. Das ist auch einer der Songs, der die Dinge für mich sehr gut zusammenfasst.


BR: Habt ihr einen persönlichen Lieblingssong auf dem Album? Oder einen Song, den ihr live sehr gerne spielt?
Olli: Ich mag „Untitled“ wirklich gerne. Auch live. Er ist mein Favorit.
Janne: Ich denke, bei mir sind das „The Absolute“ und „Dissonance Fading“. Das sind Songs, die wirklich leicht zu spielen sind. Daher mag ich sie.
Olli: Ja.
Janne: Man geht da keine große Gefahr ein und das Publikum scheint diese Songs sehr zu mögen


BR: Janne, ich weiß, dass Du normalerweise auch Gitarre spielst…
Janne: Ja, aber im Moment auf der Bühne spiele ich nur bei einem Song die Akustikgitarre (bei „The Absolute“).


BR: Ihr singt in Englisch. Als ihr als Band zusammengekommen seid, war es für euch klar, dass ihr in Englisch singen werdet, oder habt ihr auch mal was in Finnisch probiert?
Janne: Ich glaube, es war… Wir haben einige dumme Sachen (Olli lacht hier) in Finnisch ausprobiert…Aber weißt Du die meisten unserer Idole singen in Englisch. Wir haben eigentlich nie wirklich darüber gesprochen (guckt Olli an)
Olli: Nein.
Janne: Es waren Guns ´n´ Roses, Metallica, Nirvana. Wir haben versucht, was in diese Richtung zu machen, und so war es ganz einfach, sehr natürlich für uns, das in Englisch zu machen.
Olli: Ja, und Finnland ist ein sehr kleines Land mit nur fünf Millionen Einwohnern. Wenn Du also etwas Größeres machen willst…
Janne: Ja, definitiv. Das ist so eine Sache…


BR: Wenn Du international gehen willst…
Janne: Ja genau, international spielen zu können. Das ist einer Deiner größten Träume, wenn Du Dich als Teenager dazu entschließt, eine Band zu gründen. Du träumst davon, die Welt zu sehen und solche Sachen.
Olli: Und eigentlich gibt es in Finnland nicht viele Musiker, die in Finnisch singen und von ihrem Einkommen dann auch leben können.
Janne: Ja, das ist wahr!
Olli: Also ist das eine ziemlich harte Sache, Erfolg zu haben und davon leben zu können, wenn man in Finnisch singt.


BR: Ja, das kann ich mir vorstellen, obwohl es für uns Deutschen, die finnische Musik mögen, auch immer wieder schön ist, mal etwas in der Sprache zu hören…(Janne ansehend) Ich glaube, du bist hauptsächlich für das Songwriting verantwortlich.
Janne: Ja, das ist wahr.


BR: Woher holst Du Dir Deine Inspiration und wie arbeitet ihr an einem Song? Wie läuft dieser kreative Prozess ab, wenn bei euch ein neuer Song entsteht? Wie arbeitet ihr als Band zusammen? Was ist zuerst da? Die Melodien oder die Texte?
Olli: Das hängt davon ab…
Janne: Ja, wir haben einige verschiedene Sachen, die wir ausprobieren. Ich meine, ich schreibe einige Songs für mich alleine Zuhause mit einer Akustikgitarre. Und wir alle bekommen auch eine Menge Ideen, wenn wir zusammen jammen und üben.
Olli: „Message“ ist zum Beispiel so entstanden. Wir jammen einfach zusammen
Janne: Ja. Du hast mich gefragt, was zuerst da ist. Die Texte oder die Musik. Meistens ist es die Musik. Der größte Teil jedenfalls und die Texte füllen dann die Lücken aus. (In diesem Moment beginnt Ollis Handy lautstark zu klingeln; er greift zum Tisch und wir alle müssen wieder lachen und unterhalten uns kurz über klingelnde Telefone in Interviews, bzw. das Vergessen, sie vorher auszustellen und wie peinlich das werden kann. Franzi und ich beten in diesem Moment, dass unsere Telefone nicht klingeln, denn auch wir haben dummerweise, wie alle anderen im Raum, vergessen, sie auf stumm zu schalten, bevor wir mit dem Interview begonnen haben.)


BR: Euer deutsches Label ist Dockyard 1. In Finnland seid ihr beim selben Label wie Negative (Hype Records). Wie ist es zu der Zusammenarbeit mit Dockyard1 gekommen? Kam das Label auf euch zu, oder hat Tommi (Tommi Liimatainen, Inhaber Hype Records) da was für euch organisiert? Oder ihr selbst?
Janne: Wir hatten da ein paar Leute aus Schweden, die für uns die Optionen gecheckt haben, wie wir etwas in anderen Teilen Europas veröffentlichen könnten. Und so sind wir in Kontakt mit Dockyard 1 gekommen. Durch sie. Aber da ist keine große Geschichte hinter der ganzen Sache. Einfach nur das Grundlegende: die Kontakte durchgehen. Und wir sind glücklich, dass wir durch das Label…
Olli: …veröffentlichen konnten.
Janne: Ja. Sie bemühen sich um uns.


BR: Wie sind eure Erwartungen, nachdem das Album nun veröffentlicht ist?
Janne: Ich habe erst einmal nicht allzu große Erwartungen. Ich würde es wirklich mögen, die Möglichkeit zu haben, wieder hierher zurück kommen. Am Ende des Jahres oder im Frühling oder so und unsere eigene Tour zu machen. Generell mehr touren. Weißt Du, das Feedback ist wirklich großartig gewesen bis jetzt und das Publikum herrlich. Sehr nett. Es ist für uns hier bis jetzt sehr gut gelaufen und es ist schwierig zu sagen, ob das Album nun ein Erfolg wird oder nicht.


BR: Ja, es ist ja auch erst am gleichen Tag erschienen, als die Tour begann…(hier piepst das nächste Telefon und Olli schaut sich suchend um, wo der Übeltäter ist)
Janne: Ja, wir hatten hier recht gute Rezensionen für das Album. Und an diesem Punkt können wir nur sagen: Die Zeit wird es zeigen.


BR: Aber diese Tour mit Negative hat euch eine gute Gelegenheit gegeben, eure Musik direkt zu den Leuten zu bringen (beide bejahen dies nickend). Auch wenn ich persönlich der Meinung bin, dass der „typische Negative – Fan“ nicht gerade unbedingt jemand ist, der eure Musik hört.
Olli: (schmunzelnd): Ja, das ist wahr.


BR: Aber da sind bereits Leute, die wegen euch kommen. Wir haben gestern Abend einige in Glauchau gesehen, die mit euren Bandshirts rumliefen (beide freuen sich und nicken, da es ihnen auch aufgefallen war). Und mir ist zum ersten Mal gestern Abend in Glauchau aufgefallen, dass mehr Männer auf dem Konzert waren, als das gewöhnlicherweise bei Negative der Fall ist. Ich weiß jetzt nicht, ob das mit euch zu tun hat, oder woran es genau liegt, aber…
Olli: Ja, ja, das ist mir auch aufgefallen.


BR: Heute Abend ist ja das letzte Konzert auf dieser Tour. Was könnt ihr bis jetzt darüber sagen? Wie war sie für euch? Und wie war es für euch, hier rüberzukommen und zu wissen, dass euch kaum jemand kennt. Ich kann mir vorstellen, dass das ein komisches Gefühl sein muss, wenn man dann zum ersten Mal raus auf die Bühne geht (beide nicken bestätigend).
Janne: Ja, ja, ich fühlte mich förmlich zerschlagen nach der ersten Show (hier muss Olli breit grinsen). Icherinnere mich, dass ich gleichzeitig so erstaunt darüber war, wie verdammt gut die erste Show gelaufen ist (Olli nickt lachend und bejaht) Weißt Du, Du musst wissen, die Menschen in Finnland sind nicht so enthusiastisch, würde ich sagen.


BR: Ja, ich weiß. Ich bin oft genug oben, um zu sehen, dass wir hier definitiv mehr Party machen während eines Konzertes.
Janne: Ja genau. Ich meine, ich habe erwartet, dass wir hier jede Menge Spaß haben werden, aber weißt Du, da war so viel mehr, das ich mir so niemals hätte vorstellen können. Die Shows waren großartig und alles lief super. Ich bin wirklich sehr glücklich darüber. (jetzt klingelt Franzis Handy in den Tiefen ihrer Tasche, die sich hastig entschuldigt, und wir alle müssen wieder lachen)


BR: Lass uns noch einmal kurz auf die Bandauswahl für diese Tour zurückkommen. Mich persönlich würde es interessieren, wie das für euch ist, vor einem Publikum zu spielen, das eigentlich eine ganz andere Art von Musik hört, denn ihr und Negative sein vom Musikstil definitiv verschieden (beide nicken). Die letzten beiden Male waren sie hier mit Bands unterwegs, die eher zu ihrem Stil passen.
Janne: Ja
BR: Für mich ist es jetzt interessant zu wissen, wie ihr trotzdem versucht, das Beste daraus zu machen. Wie „fangt“ ihr das Publikum, denn es funktioniert ja anscheinend recht gut, trotz dieser unterschiedlichen Musikrichtungen.
Olli: Wir spielen einfach unsere eigene Show; ich denke, das ist es.
Janne: Ja, genau. Wir versuchen nicht, es so zu machen, dass wir anderen gefallen. Du musst die Fakten akzeptieren, dass es Leute gibt, die sich einen Scheißdreck dafür interessieren, ob wir da vorne spielen oder nicht. Du musst einfach Dein eigenes Ding durchziehen. Ich denke, dass es gut ist, dass die Bands, die hier heute Abend spielen sich nicht sehr ähnlich sind. Es bringt eine Menge… Ich meine, es ist sehr viel interessanter für das Publikum.
Olli: Ja. Natürlich sind da immer Leute, die es nicht mögen.
Janne: Ja.

BR: Ja, ich mag es, da es den musikalischen Horizont erweitert, falls man denn nicht von sich aus auch mal andere Musikrichtungen anhört.
Janne: Ja.
Olli: Ja genau. Für einen selbst auch.


BR: Was war die beste und was die schlechteste Erfahrung während dieser Tour? Ich weiß, dass es ein oder zwei Gigs gab, die auch für die Jungs von Negative…
Olli: …nicht so gut waren
BR: Ja.
Janne: Die Show gestern Abend in Glauchau war die beste für uns, das steht definitiv fest.
Olli: Ja, das denke ich auch.
Janne: Das ist unser Highlight bis jetzt. (Überlegt einen Moment) Ich denke, dass wir eine wirklich schwache Show in Karlsruhe gegeben haben, aber wir haben von dort ein recht gutes Feedback bekommen, also…Weißt Du, vielleicht war das auch eher im gewissen Sinne so eine mentale Sache für uns selbst (tickt sich dabei mit dem Finger an seinen Kopf), und für die anderen war es gut…Und dann hatten wir einige recht dämliche Streiteren zwischen den Bandmitgliedern (grinst dabei zu Olli)…
Olli: (lacht laut) Ja, das ist wohl war.
Janne: Aber das ist die ganze Zeit immer mal wieder.
Olli: Ja, ja, wenn jemand einen Kater hat…
Janne: Entweder hat einer einen zu starken Kater, oder einer ist zu betrunken (Olli lacht immer noch). Aber weißt Du, auch das ist eine lehrsame Erfahrung. In demselben Bus für zehn Tage zu sein, auch wenn man sich gegenseitig bereits so verdammt lange kennt…


BR: Oh ja, und euer Bus ist ja auch nicht gerade der Größte…
Olli: (schüttelt den Kopf und grinst) Nein, das ist er wirklich nicht.
Janne: Wir mussten da eine Entscheidung treffen. Bus oder den Fakt akzeptieren, dass wir in manchen Dingen nicht übereinstimmen werden, egal, was wir tun (Olli bejaht dieses). Und das Streiten über kleinere Sachen bringt uns auch nicht weiter. Sonst werden wir niemals etwas erreichen (grinst)
Olli: Ja, und wenn es mal zu bunt wird, dann verschließt man am Besten einfach seine Ohren und gut ist.


BR: Nicht das ich hier jetzt etwas durcheinander bringe. Ist dies das erste Mal, dass ihr außerhalb Finnlands spielt? (beide fangen an zu erzählen, aber Janne übernimmt)
Janne: Nein, aber es ist unsere erste Tour außerhalb Finnlands. Es ist das erste Mal überhaupt, dass wir so eine längere Tour machen…Wir haben einige Shows in Russland. Litauen und wir haben diesen Sommer in Rom gespielt. Aber das waren immer nur einzelne Shows, keine größere Tour.


BR: Wenn das jetzt eure erste längere Tour ist, denke ich, dass ihr euch an sie ganz besonders gut erinnern werdet (beide bejahen dieses zustimmend). Welche wird für jeden von euch die Erinnerung sein, die er für sich mitnimmt und nie mehr vergessen wird?
Olli: Das Publikum. Und ich werde mich an Berlin erinnern.
Janne: Hmh (dreht und wendet sein Glas und starrt dabei fasziniert die hin – und herschwappende Flüssigkeit an, während er überlegt)… Ich frage mich gerade… Wahrscheinlich dieses Gefühl gestern Abend nach der Show, oder das nach der ersten Show der Tour, wenn Du so…Nun, diese ganzen Dinge, wie sie für uns gelaufen sind. Und die Nachtfahrten (Olli schmunzelt) von Stadt zu Stadt, so wie letzte Nacht. An die werde ich mich auch erinnern (grinst).
Olli: Einen speziellen Dank an unseren Fahrer (zeigt mit dem Finger auf jemanden hinter mir; worauf ich mich erschrocken umdrehe und angegrinst werde, da ich nicht bemerkt hatte, das besagter Fahrer reingekommen war und hinter mir genüsslich sein Abendessen verspeiste). Wahrscheinlich das Gefühl allgemein, wenn sich verschiedene Erinnerungen zusammenschließen und man sich an eine Gesamtheit erinnert, aber sich nicht mehr präzise daran erinnern kann, wann man nun genau wo war und was man da getan hat an bestimmten Orten.

BR: Habt ihr ein bestimmtes Ritual vor einer Show? Und was ist für euch wichtig, wenn es zu einer Live – Show kommt?
Olli: Hmh, einfach nur ein paar Biere vorher trinken und die Energien fließen lassen.
Janne: (überlegt erst einmal): Wir haben so eine Art Gruppenumarmung, bevor wir auf die Bühne gehen.
Olli: Oh ja, richtig.
Janne: Wenn wir die nicht vorher machen, habe ich das Gefühl, dass wir einfach nur scheiße spielen. Daran lag es wahrscheinlich am Mittwoch (Gig in Karlsruhe, den Janne nach eigener Aussage gar nicht gut fand).
Olli : (guckt ihn erstaunt an, überlegt und dann, als ob ihm ein Licht aufgeht, sagt er erfreut): Ja, daran kann es wahrscheinlich gelegen haben (alle lachen)
Janne: Wenn es zu den Live – Shows kommt, denke ich, dass Du während des ersten Songs Dich selbst überwinden musst und Deinen eigenen Spaß finden musst. Erst dann kannst Du das Publikum motivieren, ebenfalls Spaß zu haben (Olli stimmt ihm lautstark zu), da das Publikum dann Deine eigenen Gefühle aufgreifen kann. Jeder von uns versucht, seinen eigenen Part so gut wie möglich zu handhaben und in einer guten Stimmung zu sein, wenn wir auf die Bühne rausgehen.


BR: Wenn ihr einen perfekten Tourtag für Day Eleven beschreiben müsstest, wie würde der aussehen?
Janne: Das erste wäre. Ohne einen Kater aufzuwachen. Oder vielleicht mit einer Art perfekter Kater aufzustehen.
BR: Und der perfekte Kater wäre? (hier frage ich mich wirklich, wie man denn bitteschön einen perfekten Kater haben kann; ich kenne nur die unangenehmen)
Janne: Die Art Katerstimmung, die Du ganz schnell und einfach heilen kannst, und die dann Freude macht, wenn Du sie morgen hast, weil Du sie ja schnell wieder loswerden kannst.
BR: Aha (gucke ihn wohl recht verständnislos an, denn er muss grinsen, weil er bemerkt, dass sich mir der Sinn des perfekten Katers immer noch nicht so ganz erschließt, aber vielleicht ist das ja ein finnisches Spezialgebiet)
Olli: Für mich gehört zu einem perfekten Tourtag auch das „Draußen sein“, so wie heute, wir waren in einem wunderschönen Park.
Janne: Ja, wir haben eine Menge Dinge und Orte während unserer freien Zeit hier besichtigt. Gerade heute sind wir stundenlang durch Berlin gewandert. Das ist auch eine Sache des Ganzen. Zu sehen, was draußen ist und passiert.
Olli: Dann den perfekten Gig spielen und sich anschließend betrinken (in diesem Moment kommt Kimmo rein und fragt, ob die beiden in fünfzehn Minuten ein weiteres Interview führen könnten, was sie bejahen und wo wir alle anschließend wieder einmal in Gelächter ausbrechen, weil es total lustig ist zu sehen, wie easy solche Dinge bei Day Eleven gehandhabt werden –abgesehen davon, das Olli in solchen Situationen einfach zu herrliche Gesichter zieht)


BR: Lasst uns nun zu etwas persönlicheren Themen über euch kommen. Wer oder was hat euch zur Musik gebracht?
Olli: Ich habe das Violinspiel angefangen, als ich fünf Jahre alt war und… Ich weiß es nicht mehr so genau, wie das kam. Meine Mutter sagte immer, dass ich scharf auf Musik war. Ich habe damals eigentlich nicht Rockmusik gehört. Erst später. Da war es dann erst Queen und später Guns´n´Roses. Duff McKagen (ehemaliger Bassist von Guns´n´Roses)war eines meiner großen Idole. Ich wollte immer so sein wie er. Später habe ich dann angefangen, Gitarre zu spielen.
Janne: Ich denke, ich muss da ebenfalls meiner Mutter danken, weil sie bereits, als ich drei oder vier Jahre alt war, bemerkte:„ Ah, Janne scheint Musik zu mögen!“ Ich mochte den Rock´n´Roll und all diese Sachen, die ich im Fernsehen mitbekam und spielte dann davor Luftschlagzeug oder was auch immer (grinsen alle, bei der Vorstellung, wie „Klein – Janne“ vor dem Fernseher sitzt und „musiziert“). Weißt Du, sie sorgte dann dafür, dass ich zu dieser Musikschule ging, und dort fing es dann an. Sie sah, dass es etwas Größeres werden könnte. Und danach dann (guckt zu Olli) lag es mit an diesen Jungs hier. Wir hingen zusammen ab und jemand sagte (nun imitiert er eine Jungenstimme): „Hey, habt ihr von Black Sabbath gehört? Das ist eine coole Band!“ (Olli lacht ein lautes „Ja!“ heraus) Wir lernten die ganze Zeit diesen Kram voneinander.
Olli: Und dann fingen wir an, zusammen zu spielen. Das war denn der Start unserer Shows (Janne nickt zustimmend und beide grinsen in Erinnerungen schwelgend)


BR: Habt ihr noch einen normalen Job , oder könnt ihr bereits von eurer Musik leben?
Olli: Nein, bis jetzt noch nicht. (nachdenklich) Ich habe gerade einen Job gekündigt und weiß noch nicht, was ich tun werde, wenn ich zurück in Finnland bin.
Janne: Du machst all diese Scheißjobs. Was immer Du Dir vorstellen kannst (Olli lacht schon wieder und bejaht das). Kimmo und Matti arbeiten im Musikbiz. Matti arbeitet in seiner Freizeit neben der Band als Producer und Tonmeister. Und Kimmo arbeitet für unser Plattenlabel.


BR: Habt ihr irgendwelche Musikprojekte neben Day Eleven. Ich weiß, dass Du auf Deiner My Space Seite so etwas erwähnst.
Janne: Ja, weißt Du, ich schreibe eine Menge Songs, die nicht gut zu unserer Band passen. Ja, ich glaube, ich will versuchen, einiges Solomaterial aufzunehmen. Es ist aber eine andere Sache, zu erwägen, das dann auch zu veröffentlichen. Im Moment ist Day Eleven unser einziges „aktive“ Projekt. Es ist die Hauptsache
Olli: Ja und wir arbeiten an neuem Material.
Janne: Natürlich.
Olli: Ja, bei manchen Songs haben wir bereits die Texte fertig


BR: Und ihr wart alle nur in dieser Band, oder habt ihr auch mal woanders gespielt?
Olli: Ich hab das mal gemacht.
Janne: Ja. Für drei oder vier Jahre warst Du…( leider wieder unverständlich, weil jemand zur Tür reinkommt und selbige recht laut schließt)
Olli: Ja, das war ein Spaß, ein Nebenprojekt. Einfach mal verschiedene Sachen austesten (jetzt fragt jemand was auf Finnisch und Janne und Olli antworten kurz, bevor Olli zum Thema zurückkehrt). Da ist eigentlich im Moment nicht genug Zeit für andere Projekte. Wir spielten diesen (jetzt sagt er so schnell einen finnischen Namen, den ich beim besten Willen hier nicht wiedergeben kann) Gig, Janne, ich und unser Fahrer (Aha – Effekt bei mir, der ist also auch Musiker und so langsam frage ich mich, ob es überhaupt einen Finnen gibt, der nichts mit Musik zu tun hat), aber ich glaube nicht, dass wir es in Erwägung ziehen, daraus ein Projekt zu machen. Nur dieser eine Gig halt.
Janne: Ich habe eine Menge Freunde, mit denen ich gerne mal was zusammen spielen würde, aber das Problem ist die fehlende Zeit. Matti hat auch noch einige Bands, bei denen er auch eventuell mitwirkt. Aber nicht jetzt


BR: Was für eine persönliche Bedeutung hat Day Eleven für euch?
Olli: Mit der größte Teil meines Lebens.
Janne: Ja, das ist wahr. Wir sind nun so lange da drin und es nimmt immer mehr und mehr unserer Zeit in Anspruch (überlegt weiter) Definitiv sehr sehr wichtig für jeden von uns. Es ist schwierig, das zu beschreiben. Es ist mein Leben! (Die Betonung, mit der Janne diesen Satz sagte, brachte uns alle wieder zum Schmunzeln, und es folgte ein kurzer Exkurs zu Dr. Alban und Bon Jovi, den ich hier nicht näher ausführen möchte, bevor uns die Feuersirene erneut bei unserem Gelächter unterbrach)


BR: Lasst uns nun zur letzten Frage kommen. Beschreibt jeden eurer Bandmitglieder in einem kurzen Satz, der etwas über den Charakter des Einzelnen aussagt.
Olli: Janne ist unsere Stimme und gleichzeitig ein fauler Typ.
Janne: Olli ist so ein verrückter Typ, der der Band eine Menge Spaß bringt (oh ja, das kann ich nur bestätigen, denn gerade jetzt zappelt er wieder auf dem Sofa rum, guckt in die Kamera, zeigt die Faust und macht mit einem flüsternden „Yeah, Yeah!“ die typische „Strike“ – Bewegung, was uns kurz vor dem nächsten Lachflash stehen lässt). Matti ist…
Olli: …beschwert sich die ganze Zeit (beide grinsen)
Janne: Kimmo ist derjenige, der dauernd zu viel arbeitet (Olli nickt).
Olli. Luca ist derjenige von uns, der der Sinnlichste / Lüsternste ist (Augenbrauen gehen bei Janne hoch)
Janne: Lüstern? Du meinst emotional. (Olli guckt verdattert, bis ihm bewusst wird, dass er die Englischen Wörter „sensual“ und „emotional“ durcheinander gebracht hat, was bei uns allen den nächsten Lacher auslöst)
Olli: ja, das meinte ich ja, der Emotionalste von uns.
Janne: Das liegt daran, dass er italienisches Blut in seinen Adern hat.
BR: Ja, die sind sehr emotional, aber die Finnen sind launisch (alle lachen wieder und die zwei stimmen dem breit grinsend zu).


An dieser Stelle beenden wir unser Interview, bedanken uns bei Janne und Olli, machen schnell noch ein Foto von den beiden auf der Couch, besprechen noch kurz was zur Veröffentlichung des Interviews, verabschieden uns dann und schon ging es für die zwei zum nächsten Interview.

Später gaben Day Eleven ein wirklich gutes Abschlusskonzert ihrer ersten Deutschlandtour und fanden großen Anklang beim Publikum (dazu mehr unter dem Link „Konzertbericht“). Ich hoffe sehr, dass die Jungs bald wieder bei uns in Deutschland live zu sehen sein und dann mehr als 30 Minuten Spielzeit haben werden.
Wer sich dafür interessiert, was die fünf während ihrer Zeit hier in Deutschland so erlebt haben, sollte mal auf ihrer My Space Seite vorbeischauen. Dort haben sie ein mehrteiliges, lustiges und interessantes Tourtagebuch mit Berichten, Fotos und selbstgedrehten Videos zusammengestellt.

Ein riesengroßes Dankeschön an Janne (der immer sehr überlegt geantwortet hat) und Olli (der uns immer wieder zum Lachen gebracht hat), das sie sich die Zeit genommen haben, meine Fragen zu beantworten. Das Interview mit den beiden hat wirklich Spaß gemacht, denn sie sind sehr angenehme Gesprächspartner. Ein Weiteres geht an Kimmo für die komplikationslose Planung und ebensolchen Ablauf des Interviews. Und “last but not least“ ein Danke an Franzi fürs Filmen und „lahme Arme“ bekommen.

Alexandra Holler03.10.2007

LINKS

Weitere Cd-Besprechungen und Stories
Day Eleven - Sleepwalkers [Cd]

Leserkommentare

Zu diesem Interview wurde noch kein Kommentar geschrieben.

  • Um einen Kommentar zu schreiben, musst du dich einloggen.

BIZARRE RADIO PRÄSENTIERT