Cd-Besprechung

The Hirsch Effekt - Holon: Anamnesis

The Hirsch Effekt

Holon: Anamnesis

Midsummer / Cargo Records
  Vö: 31.08.2012

Bewertung:  13 Punkte
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Immer, wenn in den letzten Jahren von origineller Qualitätsmusik aus Deutschland die Rede war, fiel früher oder später der Name The Hirsch Effekt. Und dies nicht von ungefähr, denn mit ihrem Debütalbum „Holon: Hiberno“ legten die Hannoveraner einen bemerkenswert starken Erstling hin, auf dem die Band auf sympathische Art und Weise Genregrenzen ignorierte und das musikalische Chaos feierte. Das Ganze hörte sich wahnwitzig bis spektakulär an, wählte ungewohnte Zugänge und überzeugte trotzdem im Stile eines irren Genies. Für eine Band, die den Anti-Radiosong zelebriert, erwies sich das Album nicht zuletzt als sehr gefällig.

Nun erscheint mit „Holon: Anamnesis“ der Zweitling der Band, der wie gehabt mit einer krude anmutenden Mischung verschiedenster Stile samt unkonventioneller Songstrukturen aufwartet. Nicht umsonst spricht die Band von ihrer eigenen Musik als „Experimental-Post-Metal-Punk-Epic-What-Ever-Core“. Doch mit Genredenken sollte man sich hier nicht zu lange aufhalten und eher auf experimentelle Kollegen wie At The Drive-In verweisen, denn The Hirsch Effekt oszillieren scheinbar wahllos, aber auf jeden Fall clever und nach Belieben zwischen fiesem Metal, Kammermusik, Pop oder Indie-Riffs.

Das zweite Album wird ja bekanntlich oft als das Schwierigste verschrien. Viele Bands scheitern daran, können die Frische des Debüts nicht halten oder erschöpfen sich in der Selbstreferenz. The Hirsch Effekt entgehen diesem Schicksal glücklicherweise. Zwar verblüfft „Holon: Anamnesis“ bei Weitem nicht mehr so sehr wie der Erstling, doch das Dreiergespann hat ordentlich an den Details gedreht. Noch krassere Arrangements, noch überwältigendere Klangwände, noch längere Songs, noch abgefucktere Ideen scheint das Motto gewesen zu sein. So wirken etwa die deftigen Metal- und Schreiparts noch intensiver, der Gesang in den ruhigen Stellen noch verwundbarer und die Songstrukturen noch verworrener. Gerade das 12-Minuten-Epos „Mara“ hämmert erst wie verrückt heftige Metalriffs und stürzt den Hörer dann in die besinnliche Welt eines Chors. Diese Kulturschocks machen „Holon: Anamnesis“ so interessant. Dabei gelingt der Band das Kunststück, das Album zugänglich zu halten ohne unterkomplex aufzutreten oder Kompromisse einzugehen. In jedem Fall gibt das Werk auch bei mehrmaligem Hören viel her und jede neue Entdeckung erfreut aufs Neue.

An einigen Stellen, wie dem Ende des sonst gelungenen „Ligaphob“, geht dem Album bedauerlicherweise etwas die Puste aus. Auch der teils zu dick aufgetragene Pathos ermüdet die Ohren stellenweise und erstickt dann die herausragende Gitarrenarbeit.

The Hirsch Effekt ist zweifelsohne erneut ein spannendes Album gelungen. „Holon: Anamnesis“ lässt es allerdings an den großen Aha-Momente vermissen, die den grandiosen Vorgänger prägten. Woran das nun liegt – Gewöhnungseffekt an den spektakulären Sound der Band, längere Songs oder an etwas Anderem – sei mal dahingestellt. Subjektiv fällt das Album daher etwas von seinem Vorgänger ab. Trotzdem ist „Holon: Anamnesis“ in keinem Fall eine Enttäuschung, denn man hat es mit einem der spannendsten, experimentellen Rockalben des Jahres zu tun.

13 Punkte (von max. 15)

Felix Saran02.09.2012

TRACKLIST
1.Anamnesis
2.Limerent
3.Absenz
4.Agitation
5.Ligaphob
6.Mara
7.Irrath
8.Ira
9.Datorie
[ *** Anspieltipps ]

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