Cd-Besprechung

Rise Against

Siren Song Of The Counter Culture

Geffen/Universal
  Vö: 09.05.2005

Bewertung:  13 Punkte
Leserwertung:  14.0 Punkte
Stimmenzahl: 6

- 15 14 13 12 11 10 9 8 7 6 5 4 3 2 1

REVOLUTION REVISITED

Vorneweg: Ich war nie ein Punkrock-Jünger vor dem Herren. Ich stand nie auf einer Deconstruction-Tour in der ersten Reihe und konnte jede Zeile einschlägiger Bands aus einem guten Hause wie Fat Wreck oder Epitaph textsicher mitgrölen. Ich kenne den Backkatalog genannter Labels eher sporadisch, ich verfolge nicht täglich punkvoter.com, ich habe keine Tattoos. Und ich hasse ICH-Reviews!

In diesem Falle musste aber die Ausnahme der Regel sein, denn vielleicht sind all die oben genannten Bekenntnisse die einleuchtesten Gründe, warum RISE AGAINST mich mit Ihrem „Siren Song Of The Counter Culture“ gekriegt haben. Und andere Leute wie mich, die völlig unvoreingenommen in diese Platte reinhören, keine Fans der ersten Stunde sind, sie aber aus welchen Gründen auch immer in die Finger gekriegt haben und einfach mal mehr wissen wollen. Szene-Nerds hingegen können dieses Album zwar nicht nicht mögen, aber werden weitaus befangener an die Sache rangehen. Da wäre zum Beispiel der Wechsel von Fat Wreck Chords zum Major Geffen. Ausverkauf schreit da die Punk-Polizei. Die bemängelt jetzt womöglich auch zu große Hitdichte und damit einhergehendes Anbiedern an den Mainstream - und hätte spätestens jetzt vergessen worum es geht. Um die Musik, und waren haufenweise gute Songs je verwerflich?

Was Rise Against hier rausknallen, ist schon enorm. Der Opener „State Of The Union“ ist Standortbestimmung und zugleich der härteste Song des Albums. Das ist genauso wenig Fun-Punk wie Fat Mike Republikaner. Die Spassschiene verläuft zumindest nicht durch Chicago. Vielmehr im Hardcore der 90er verwurzelt, machen Rise Against das, was sie am besten können: Hymnen schreiben mit dem Hang zum Großen. AFI können das genauso. Wer die Welt verbessern will, der muss bei sich selbst anfangen. Das klingt ein wenig pathetisch an. Aber zu Krachern wie „Dancing For Rain“ MUSS man einfach die Arme ausbreiten und die Power zelebrieren! Um Politik allein geht’s gar nicht, auch um die zwischenmenschliche Ebene oder die Verknüpfung beider, z.B. im Midtempo-Track „Blood To Bleed“ oder der Desorientierungsansage „Anyway But Here“. Als weitere Ohrwürmer könnte man alle neun restlichen Songs aufzählen: Das vom heutigen Leben gefrustete „A Life Less Frightening“, die erste Single „Give It All“, den grandiosen Abschluss „Rumors Of My Demise Have Been Greatly Exaggerated“ oder oder oder. Jeder einzelne Song zündet sofort, lodert, flammt auf, wütet wie ein Fegefeuer und brennt dich von innen aus. Und erstmal Feuer gefangen, ist das Löschen nicht mehr möglich, zu groß die Ausmaße. Ruf erst gar nicht den Notruf. Halte es höchstens mit „Swing Life Away“ unter Kontrolle.

Und da sind wir wieder am Anfang: Wenn Rise Against wollten, könnten sie in einer ähnlichen Liga wie Green Day und Kollegen Hallen füllen und Platten verkaufen bis der Arzt kommt. Aber einen gewissen Idealismus und Ihre Vision von Musik, Politik und dem Leben als solchem haben sie nicht am Eingangstor zur Major-Welt abgegeben.

EDIT: Diese CD wurde am 9.5.2005 wiederveröffentlich auf Universal Music

13 Punkte (von max. 15)

Fabian Soethof, 23.10.2004

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