Cd-Besprechung

Chimaira - Chimaira

Chimaira

Chimaira

Roadrunner Records
  Vö: 01.08.2005

Bewertung:  13 Punkte
Leserwertung:  14.5 Punkte
Stimmenzahl: 6

In freundlichem Schwarz, mit nicht gänzlich klischeefreier Schädel-Deko, kommt das neue selbstbetitelte Machwerk von Chimaira daher. Der Vorgänger „The Impossibility of Reason“ war nicht von schlechten Eltern, was die Erwartungen an das neue Album entsprechend hoch schraubt. Es ist Sommer, also wollen wir doch mal bei einer kleinen Spritztour hineinlauschen, ob die besagten Erwartungen enttäuscht oder bestätigt werden...

Über das Brummen des startenden Motors hinweg erklingen zunächst leise die ersten Takte des Openers „Nothing Remains“. Das Fade-In ist tückisch und Sekunden später bereue ich es bereits, dass ich so vorschnell den Lautstärkeregler noch weiter nach oben gedreht habe. Ein derb verzerrter Schrei von Frontmann Mark Hunter teilt mir mit, dass nun Schluss mit lustig sei und im nächsten Moment verschwindet das Motorengeräusch hinter einer Gitarrenwand. Bereits der Eröffnungstrack legt den Kurs für die kommenden 59 Minuten fest: Mit Volldampf voraus!

Derart motiviert geht es auf die Autobahn, wozu das passend betitelte „Save Ourselves“ erklingt. Die Chimaira-typischen Riff-Attacken wurden im Vergleich zum Vorgänger noch weiterentwickelt und schneiden sich messerscharf durch die Lauschlappen. Es fällt auf, dass der Aufbau der Songs vertrackter geworden ist. Hier ein break, dort ein Tempowechsel. Beim ersten Hören erschwert das den Zugang ein wenig, doch dafür entdeckt man auch nach dem fünften Durchgang noch immer irgendwo eine versteckte Finesse.

Nach drei Songs setzt sich allmählich die Erkenntnis durch, dass es sich bei 180 auf der linken Spur schlecht headbangt und ich nutze die Gelegenheit zu „Salvation“, dem melodischsten Song des Albums, auf die Landstraße abzufahren. „Melodisch“ ist allerdings ein dehnbarer Begriff und bedeutet in diesem Fall schlicht, dass das Tempo ein wenig herabgeschraubt wird und während des Refrains tatsächlich einmal ein cleaner Gesangspart zu hören ist. Ansonsten hat Mark die Gnadengesuche seiner Stimmbänder abgelehnt und schreit sich die Seele aus dem Leib.

Die Gigs mit Slayer und Fear Factory haben ihre Spuren hinterlassen und sorgen – neben den unterschiedlichen musikalischen Ursprüngen der Bandmitglieder – dafür, dass Chimaira einen ganz eigenen Sound entwickelt haben. Deutliche Thrash Einflüsse der old-school Legenden Slayer und Metallica mischen sich hier mit Metalcore Anleihen und gelegentlichen (sehr dezenten!) Synthie Effekten. Das Ergebnis ist... hart! Während ein freundlicher Fußgänger mir mit erhobenem Mittelfinger zu meinen Fahrkünsten gratuliert, donnert das Album mit „Everything you Love“ weiter voran. Markant ist hier ganz klar die Drum-Arbeit, die im Vers beinahe Erinnerungen an vergangene Morbid-Angel Zeiten wachruft.

A propos drums. Die mittlerweile sprichwörtlichen Querelen Chaimaira’s mit ihren Schlagzeugern scheinen nun doch ein happy end gefunden zu haben. Die Felle verdrischt nun Kevin Talley, der seine Aggressionen zuvor bei Acts wie Suffocation, Dying Fetus und Misery Index auszutoben pflegte. Sein Einfluss auf den Härtegrad des Materials scheint nicht unerheblich zu sein Mit Track Nummer 8 – „Bloodlust“ – im CD-Drive ist es an der nächsten Ampel ein Leichtes sich des lästigen Chart-Stumpfsinns zu entledigen, der aus dem tiefergelegten Fahrzeug bayrischer Herkunft nebenan säuselt, von dessen Lenkrad ein goldkettchenbehangener Möchtegerngangster blöde herüberblinzelt.

Das Album endet schließlich mit „Lazarus“, einem finster voranstampfenden Song, in dessen Lyrics Mark den Verlust eines Freundes verarbeitet, der sich vor Elf Jahren das Leben nahm. Lazarus bildet den perfekten Abschlußtrack – vielseitig und atmosphärisch. Rob Arnold an der Klampfe zeigt, dass ein Gitarrensolo auch heute noch das i-Tüpfelchen auf einem guten Song sein kann. Bei den letzten melancholischen Akustikgitarrenklängen erstirbt der Motor. Die CD ist zu Ende, doch geistert sie noch immer im Kopf umher und verdient sich ihre 13 Punkte in Flensburg redlich.

13 Punkte (von max. 15)

Christian Euler27.07.2005

TRACKLIST
1.Nothing Remains
2.Save Ourselves
3.Inside The Horror
4.Salvation
5.Comatose
6.Left For Dead
7.Everything You Love
8.Bloodlust
9.Pray For All
10.Lazarus
[ *** Anspieltipps ]

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