Cd-Besprechung

Beep Beep - Business Casual

Beep Beep

Business Casual

Saddle Creek Europe / Indigo
  Vö: 23.08.2004

Bewertung:  9 Punkte
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Na, da haben sich die sympathischen Labelmenschen von Saddle Creek mal eine Band an Land gezogen, die so gar nicht ins bisherige Programm des Labels reinpassen möchte. Galt man bisher unter Eingeweihten als Gralshüter emotional tiefgehender, bisweilen verzweifelter Songwriter (Bright Eyes, The Good Life) und anderer – in der Tendenz eher auf Stille bedachten - Künstler aus dem alternativen Bereich, gibt es dieses mal mit Beep Beep einen ganz schön wilden und sperrigen Rockklumpen auf die Ohren. Zugegeben, genau genommen ist die Labelausrichtung so einseitig nun auch wieder nicht. Mit Cursive oder den Desaparecidos gab es auf Saddle Creek bereits Künstler, die die Lautstärke nach oben zu drehen wussten. Aber trotzdem: Beep Beep sind im Labelkontext eine neue Dimension. Nicht allein nur laut und rockig, an vielen Stellen wirkt „Business Casual“ chaotisch und scheinbar unkontrolliert. Wie nennt man so was? Art-Punk-Rock?

Der Opener „I Am The Secretary“ baut sich langsam auf und man findet zunächst nichts besonders, bis der wahnwitzige Gesang einsetzt. Immer wieder treffen in sich bereits gegenläufige und schiefe Gitarren auf die hastige und komplexe Rhythmik, verfremdete Stimmen im Hintergrund kommen dazu. „Giggle Giggle“ oder „Oh No!“ wirken beinahe verrückt und durchgedreht. Ganz besonders die Stimme des Sängers trägt zu diesem Eindruck bei. Hsyterisch, schief, trotzig, manchmal fast jammernd und zeternd. Am Gesang werden sich zweifellos die Geister scheiden. So manchem dürfte das ein bisschen zu dick aufgetragen sein, zumal man aus dem Hause Saddle Creek bisher eher vornehm zurückhaltende Gesangsleistungen gewohnt war. Aber gut, das gehört nun einmal zum Selbstverständnis dieser Band. Immer wieder finden sich Songs, die trotz ihrer abgedrehter Struktur zünden und die sich nach wiederholtem Hören auch im Gedächtnis des Hörers festsetzen, „Executive Foliage“ etwa oder „Electronic Wolves“.

In „Misuse Their Bodies“ wird gesanglich spürbar ein Gang aus dem Schaltwerk der Absurditäten herausgenommen. Der Song gerät melodischer und überrascht durch eine gelungene Orgelpassage. Das ist aber nun auch wirklich eine Ausnahme. Denn musikalisch regiert hier der Noise. Und auch inhaltlich hat man schon Harmloseres erlebt. Laut dem Info drehe es sich auf „Business Casual“ um Themen wie „office culture, as well as religious, environmental, and sexual deviance“. Dort steht auch, bei diesem Album handele es sich um einen „tanzbaren Wutanfall“. Tanzen zu dieser Musik? Das dürfte dann doch haarscharf an die Wortlautgrenze der Vokabel „Tanz“ heranreichen. Ich unterstelle mal, man bräuchte dafür ein leicht abnormes Rhythmusgefühl und ausreichend Ausdauer im wilden Beine-Umher-Werfen. Lustig sähe das gewiss aus.

Im Ganzen erweist sich „Business Casual“ als recht gelungener Gegenpol zum sonstigen, eher ruhigen Labelprogramm. Für meinen Geschmack müsste nun nicht jede Saddle Creek Veröffentlichung so extravagant klingen. Aber ab und zu ist auch so was hier mal in Ordnung.

9 Punkte (von max. 15)

Martin Baum14.09.2004

TRACKLIST
1. I Am The Secretary ***
2. Oh No!
3. Misuse Their Bodies ***
4. Giggle Giggle
5. Electronic Wolves
6. Chewy Poison
7. Executive Foliage
8. The Fluorescent Lights
9. Vertical Cougar
10. The Threat Of Nature
[ *** Anspieltipps ]

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