Cd-Besprechung

Team Sleep - Team Sleep

Team Sleep

Team Sleep

Maverick/Warner
  Vö: 09.05.2005

Bewertung:  10 Punkte
Leserwertung:  9.6 Punkte
Stimmenzahl: 73

Mehrere Jahre ist es mittlerweile her, dass das Team Sleep von sich reden machte. Nicht durch Veröffentlichungen, sondern schlichtweg durch seine Existenz. Chino Moreno, Kopf der großartigen Deftones, werkelt da nebenbei und immer mal wieder zusammen mit Kumpeln an diesem Nebenprojekt, dass mit dem gleichweise lauten wie innovativen Soundkosmos seiner Hauptband wenig zu tun haben sollte. Elektronischer würde es. Und das Chino gerne in diese Richtung experimentiert dürfte spätestens seit Ihrem 2000er Meisterwerk „White Pony“ jedem bekannt sein. Soweit, so gut. Denn dann kam erstmal lange Zeit: Nichts. Immer mal wieder Meldungen, man sei hier im Studio, hätte da mal wieder was gemacht, es würde nicht mehr lange dauern – aber nie was Handfestes. Bis dann vor gut einem Jahr endlich Licht am Horizont erschien: Ein Veröffentlichungstermin wurde bekannt gegeben. Nicht zu erwähnen, dass der noch einige Male verschoben wurde. Das all dies zu keiner „Chinese Democracy“ wurde, war Gott sei Dank nie zu befürchten. Denn dass da wer Musik machen kann, weiß man, und außerdem nahmen hier die Erwartungen nicht ab, sondern stetig zu.

Frühling 2005: Das Ding mit den Erwartungen…“Team Sleep“ steht in den Läden. Gespannt wie ein Voyeur darf man nun endlich Ohrenzeuge dessen werden, was gar nicht schlecht werden konnte. Erster Eindruck: Was lange währt, wird endlich… durchwachsen. Der Opener „Ataraxia“ gibt die Richtung vor, Drumcomputer und Samples poltern flott herum, gleich geht’s bestimmt los. Die erste Single „Ever (Foreign Flag)“ ist aber gleich ähnlich songorientiert und atmosphärisch gehalten wie „Change (In The House Of Flies)“ von besagtem „White Pony“. Gefällt, haut aber keinen um. Und genau das soll sich durch das gesamte Album ziehen. Die Leidenschaft, die vor allem bei den Deftones in jeder Note steckt, will einfach nicht so recht überspringen, zu beliebig und rumplänkelnd klingt das erstmal. Und es bleibt der fade Beigeschmack, dass jeder Song ein tolles Interlude auf einem Deftones-Album abgegeben hätte, aber in dieser Ansammlung seinem Titel eher alle Ehre macht. Alles zwar dicht und organisch , aber gleichzeitig etwas zu steril. Morgens um 5 bestimmt von gewisser Wirkung, schön runterkommen und so. Aber drauf?

So bewegt einen bei den ersten Durchgängen zumindest erstaunlich wenig, gleich auf Repeat zu drücken. Bis auf den Willen, dass sich das alles noch erschließen muss oder soll, schließlich hat man es hier mit einem seiner Helden zu tun. Gut, diesen Willen und Geduld mit zu bringen! Denn so passiert es tatsächlich nach und nach, Dinge zu entdecken, die man vorher gar nicht bemerkt hat. Z.B., dass „Blvd. Nights“ richtig nach vorne geht und genau diese emotionale Zwiespältigkeit in sich trägt, die man von den Deftones so mag. Auch „Your Skull is Red“ kracht mehr als gedacht, vom ausufernden „Live From The Stage“ mal ganz zu schweigen. Vielleicht, und nur vielleicht, springt das aber auch nur im gesamten immer noch sehr verhaltenen Kontext hervor. „Our Ride To The Rectory“ lebt von einer Melodie, die keine ist, und dem Wechsel von Chino und Rob Crow am Gesang – wie vieles andere auch. „Tomb Of Liegia“ klingt, als ob es genau da entstanden ist - mit beengenden Vocals von Mary Timony – minimalistisch und vielschichtig zugleich. Auch zwei passende Attribute. Denn Programmiertes und Handgemachtes wird so unauffällig verwoben, dass „Team Sleep“ zwar einerseits ein Grower ist und richtig begeisternde Momente versteckt hält, aber trotzdem nie hundertprozentig dahin kommt, wo man es haben möchte: Dich nicht nur vollends einnehmend, sondern schier durchschüttelnd. Was genau das Problem bleibt: Nicht wenige erwarteten halt mindestens ein Über-Album. Herr Moreno kommt nicht drum herum, an sich selber und seiner Hauptband gemessen zu werden. Und die Latte hängt hoch.

Aber da „Team Sleep“ trotz vieler (und in diesen Augenblicken wirklich überzeugenden) Charakteristika, die auch die Deftones ausmachen, eine andere Baustelle oder sogar vielmehr Chinos Spielplatz ist, ist das höchstens unsere Sache, ihm und seinen Kumpels wird’s so oder so super damit gehen. Und so hat sich trotz toller Produktion und atmosphärischer Innovation die klangliche Ambivalenz irgendwie auch ins Fazit eingeschlichen. Da hat Daryl Palumbo die einfachere Richtung gewählt.

10 Punkte (von max. 15)

Fabian Soethof22.05.2005

TRACKLIST
01. Ataraxia
02. Ever (Foreign Flag)
03. Your Skull Is Red
04. Princeton Review
05. Blvd. Nights***
06. Delorian
07. Our Ride To The Rectory
08. Tomb Of Liegia***
09. Elizabeth
10. Staring At The Queen
11. Ever Since WWI
12. King Diamond
13. Live From The Stage***
14. Paris Arm
15. 11/11
[ *** Anspieltipps ]

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