Cd-Besprechung

James Blunt - Back To Bedlam

James Blunt

Back To Bedlam

Atlantic/Custard
  Vö: 18.04.2005

Bewertung:  10 Punkte
Leserwertung:  14.5 Punkte
Stimmenzahl: 4

James Blunt? Nie gehört. „Welch fatales Unwissen!“ sagt man sich schon nach den ersten Tönen – um die Meinung nach voller Länge wieder etwas zu relativieren. Erstmal sacken lassen. Und von vorne: „High“ als Opener seines Debüts „Back to Bedlam“ und erste Single greift wahrscheinlich genau da hin, wo es soll. Die Stimme beeindruckt erstmal, spätestens beim Refrain wird aber deutlich: Hier wirbelt sich wer ziemlich hoch hinaus. Wenn einem zumindest gar Tracy Chapman in den Sinn kommt, bleibt die Frage, ob das gut oder schlecht ist. Das klingt dann auch nicht unauffällig nach britischem Erfolgsrezept Marke Starsailor, nur tiefer im Kitsch.

Was bei „High“ nur am markantesten ins melancholiegeplagte Ohr springt, lotet sich während den folgenden 36 Minuten Gott sei Dank insgesamt aus. Man höre „Wisemen“: Wenn Elton John persönlich da nicht mit am Klavier saß, dann aber mindestens als „Tiny Dancer“ mit im Studio. In dem saß de facto Tom Rothrock, der schon für Größen wie Beck, Elliott Smith oder die Foo Fighters fürs klangliche Gesamtbild verantwortlich zeichnete. Alles keine schlechten Platten… Daneben steht Linda Perry, ihres Zeichens erfolgreiche Songwriterin für Acts wie Pink oder Christina Aguilera, und James Blunt’s klangliche Schnittmenge scheint grob abgesteckt: Gekonnte Popmelodie vs. getragener Schwermut. Die Ex-4 Non Blondes-Frontfrau hat das ganze auch gleich auf ihr eigenes Label genommen. Im weiteren Verlauf begegnen dem geneigten Hörer noch des öfteren Reminiszenzen an Bob Dylan’s Sohn Jacob mit seinen Wallflowers oder den Counting Crows, was nicht zuletzt am Einsatz von Hammond-Orgeln („Out Of My Mind“) und dezenten bis auffälligen Blues- und Country-Elementen liegt. Gut klingt’s auch, wenn der Herr Blunt zum Frühstück alte Live-Platten reingelegt hat und sich an Ed Kowalzyk mehr als nur ein gutes Beispiel nimmt. Gleichzeitig wird es da schon noch das ein oder andere Mal etwas kitschig, ob bei „You’re Beautiful“ oder „Tears And Rain“, aber selbst diese Lage hat Ihre Stärken. „So Long, Jimmy“ huldigt alten Helden, „Billy“ kommt gar euphorisch daher. Den übergeordneten Song des Albums bildet aber das abschließende „No Bravery“ – geschrieben im Kosovo-Krieg als Aufklärungsoffizier. Uff. Daran hätte man als letztes gedacht, könnte es rückwirkend jedoch als Erklärung sowohl für Melancholie als auch Hoffnung auf „Back To Bedlam“ sein. Blunt’s Familie stünde gar in einer Army-Tradition, musikalisch war da keiner. Umso erstaunlicher. Verständnishilfe oder Gegensatz?

So oder so bleibt ein reifes Debüt-Album eines talentierten Songwriters, mit dem einerseits Fans von klassischen und guten Songs mit Klavier und Gitarre keineswegs daneben liegen, das neben der Beschreibung „schöön“ andererseits aber das Attribut „bisweilen anstrengend“ nicht komplett von sich weisen kann – es kommt eben immer allein auf die Gefühlslage an…

10 Punkte (von max. 15)

Fabian Soethof02.05.2005

TRACKLIST
01. High
02. You're Beautiful
03. Wisemen***
04. Goodbye My Lover
05. Tears And Rain
06. Out Of My Mind
07. So Long, Jimmy
08. Billy***
09. Cry
10. No Bravery
[ *** Anspieltipps ]

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